Meine Pferde lieben Kräuter, und ich bin von ihrer Wirksamkeit überzeugt. Unsere Pferde haben normalerweise keinen freien Zugang zu Wildkräutern, die sie aber – je nach Jahreszeit – gut brauchen könnten. Daher fasse ich in diesem Artikel für Dich zusammen, was Du über Kräuter wissen solltest, woher die Pflanzenkunde kommt, wie schnell Kräuter wirken und wie Du sie bei Deinem Pferd anwenden kannst.
Die Entdeckung der Heilkräuter
Kräuter werden seit Jahrtausenden in vielen Kulturen auf der ganzen Welt bei Mensch und Tier angewendet. Für unsere Vorfahren war es etwas ganz Natürliches, die Natur zu beobachten und dadurch zu lernen, welche Pflanzen man wie einsetzen kann.
Diese Entdeckungsreise der Kräuter zog anfangs auch Vergiftungen beim Menschen nach sich und durch Ausprobieren fand der Mensch andere Verwendungen und Heilwirkungen der Kräuter. So entwickelte sich über den Lauf von vielen Generationen Wissen über die Wirkung und Eigenschaften der verschiedenen Pflanzen.
In vielen der ältesten Schriften aus Ägypten, Babylon, China und Indien wurde über die Verwendung von Kräutern zu Heilzwecken geschrieben. Die älteste bekannte Schrift stammt aus 1600 v. Chr. und wurde im alten Ägypten niedergeschrieben.
Auch die Indianerstämme Amerikas, die alten Griechen und europäische Roma-Zigeuner wussten um die heilenden Qualitäten der Kräuter und verwendeten sie für ihre Pferde.
Heilkräuter in der Geschichte
Das älteste bekannte Buch aus dem deutschsprachigen Raum über Heilkräuter ist das „Lorscher Arzneibuch“ und wurde in den Jahren 700 - 800 geschrieben. Eine weitere bekannte Persönlichkeit der Kräuterkunde ist Hildegard von Bingen, die ihre Bücher von 1150 bis 1160 schrieb.
Wirklich bekannt wurde die Kräuterkunde dann im 15. Jahrhundert, mit der Erfindung des Buchdrucks und der Verteilung der sogenannten «Kräuterfibel».
Spätestens im 19. Jahrhundert war es jedoch vorbei mit der Kräuterkunde. Chemische Wirkstoffe eroberten den pharmazeutischen Markt. Eine Entwicklung, die mit der Entdeckung und Forschung in der Medizin und der Wissenschaft einherging. So kam es, dass Kräuter kaum noch in Hausmittel wanderten, sondern in den Kochtopf.
Die Veterinärmedizin und die Entwicklung von Arzneimitteln haben sich direkt aus der gesammelten Weisheit der Kräutergeschichte entwickelt.
Die ganzheitliche Wirkung der Pflanze
Wie funktionieren Kräuter und wie können wir sie im Kontext unserer modernen Welt sicher bei unseren Pferden einsetzen?
In der heutigen Zeit werden die Pflanzen von der Pharmakologie mehr als Grundstoffe für die Erforschung von neuen Medikamenten gesehen. Viele Pflanzen aus den Urwaldregionen der Erde sind kaum bekannt, wenig erforscht und auch die Heilkräuter der traditionellen chinesischen (TCM) und indischen Medizin (Ayurveda) sind aus pharmakologischer Sicht ein unerschöpflicher Pool für neue Wirkstoffe.
Pflanzen enthalten aber nicht nur einen Wirkstoff, sondern sehr viele. Das Zusammenspiel sämtlicher Inhaltsstoffe – einschließlich ihrer Ballaststoffe – verleiht dem Heilkraut seine spezifische Wirkung.
Das Zusammenspiel der verschiedenen Inhaltsstoffe ist eine Besonderheit pflanzlicher Arzneimittel und von Heilkräutern.
Die moderne Medizin hat unglaubliches geleistet. Doch in Bezug auf synthetische Pflanzenwirkstoffe hat sie uns nicht immer einen Gefallen getan. Viele Kräuter enthalten medizinische Eigenschaften, die – wenn sie pharmazeutisch isoliert oder synthetisch hergestellt werden – für Menschen oder Pferde giftig sein können. Aus diesem Grund werden viele Kräuter als «gefährlich» abgestempelt. Das ist nicht richtig.
Wenn man die ganze Pflanze einsetzt, wirken die Synergien aller Bestandteile des Krauts auf den Körper, was den grössten gesundheitlichen Nutzen mit sich bringt.
Die Natur hat die Bestandteile der Pflanzen fein abgestimmt. Das bedeutet, dass die Kräutermedizin – richtig angewendet – eine fantastische Möglichkeit für uns und unsere Tiere ist, um nachhaltig gesund zu bleiben.
Unterschied moderne Medizin und Kräuterkunde
Dieses Prinzip lässt sich am besten an einem Beispiel erklären. Wenn eine Pflanze Infektionen heilen kann, enthält diese Pflanze häufig auch Elemente, die mögliche Nebenwirkungen ausgleichen – im Unterschied zu modernen Medikamenten. Sie sind oftmals eine künstliche Nachbildung eines pflanzlichen Mittels, das nur ein isolierter Wirkstoff enthält.
Behandlung mit Kräutern: was kannst Du behandeln?
Die meisten Krankheiten und Verletzungen können mit Kräutern behandelt werden, abgesehen von chirurgischen Problemen, die operiert werden müssen. Hier können Kräuter jedoch auch unterstützend wirken.
Kräuterpräparate erzielen gute Ergebnisse bei chronischen und akuten Problemen.
Zu den Krankheiten, die häufig mit Kräutern behandelt werden, gehören:
Arthritis
Atemwegserkrankungen
Verhaltensauffälligkeiten
Entzündungen
Wundverletzungen
Immunschwäche
Geschwüre
Hormonungleichgewicht
Leberprobleme und Hauterkrankungen
Natürlich kann man sie auch unterstützend anwenden, wenn Dein Pferd krank oder verletzt war. Kräuter-Supplemente können z. B. auch helfen, nervöse Pferde zu beruhigen oder die Fütterung unterstützen.
Natürliche Mittel können mit konventioneller Medizin kombiniert werden, was viele Pferdebesitzer auch tun – ohne sich bewusst zu sein, dass sie mit der Wirkung von schulmedizinischen Präparaten interagieren. Momentan existieren zwar Studien, welche die Wechselwirkungen zwischen Kräutern und Medikamenten untersuchen, aber bei Pferden wird generell wenig geforscht.
Deshalb ist es wichtig, dass Du genau besprichst, welche Präparate und wie viel davon du fütterst.
Wie schnell wirken Kräuter?
Kräuter sind keine schnelle Lösung. Während ein Medikament nach ein paar Tagen bereits wirkt, brauchen Kräutermischungen manchmal mindestens einige Wochen oder Monate.
Die Philosophie der Kräuterkunde ist eine andere: Es geht darum, das ganze Pferd zu behandeln. Dafür findet die Heilung meist auch auf mehreren Ebenen statt und ist nicht nur Symptombekämpfung, wie es in der konventionellen Medizin häufig der Fall ist.
Dies erreichen wir, indem wir die Gesundheit von innen sanft ausgleichen und unterstützen.
Für jedes Leid ein Kraut gewachsen?
Alternative Therapien, welche die Gesundheit und Lebensqualität von Pferden verbessern, werden immer beliebter. Routinemässig setzen Reiter auf Massagen, Akupunktur, Physiotherapie und Futter-Ergänzungsmittel, um damit die traditionell angewandten Heilungsmethoden zu ergänzen oder ersetzen.
Wir alle wünschen uns bei Verletzungen und Verhaltensauffälligkeiten eine schnelle Lösung. Realistisch ist das nicht. Oft ist es nicht nur die Kräutermischung im Futter, sondern ein Stallwechsel, eine sorgfältige Beobachtung des Pferdes, eine Erleichterung der Trainingssituation und Stressreduktion, die langfristig Erfolg bringen.
Für fast jedes Leiden ist auch ein Kraut gewachsen. Es bedarf jedoch eines gesunden Menschenverstandes, je nachdem Absprache und Beratung und natürlich auch je nachdem die Abstimmung mit dem Tierarzt. Viele Pferdebesitzer glauben, dass ein pflanzliches Produkt anders als Medikamente wirken und füttern oft aufs Geratewohl.
Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass pflanzliche Präparate in einer Dopingkontrolle nicht entdeckt werden. Das ist nicht wahr. Baldrian z. B. steht auf der Dopingliste bei Turnieren. Mit wachsendem Einsatz von pflanzlichen Medikamenten werden auch die Doping-Testmethoden immer genauer – und weisen mehr und mehr Futtermittel nach.
Der Schweizerische Verband für Pferdesport hält sich an die jährlich aktualisierte Dopingliste der Welt-Anti-Doping Agentur (WADA).
Kräuter & Pferd: Eine Verhaltensfrage
Bevor wir aufs Geratewohl Kräuter einsetzen, sollten wir erst nach dem WARUM fragen. Es besteht kein Zweifel, dass nicht nur unser Leben, sondern auch das unserer Tiere immer stressiger wird. Turniere, Reisen, Bewegungsmangel, eingrenzende Stallhaltung, unnatürliche Fütterungsregime, reduzierte Interaktion mit anderen Pferden, etc. sind alles Faktoren, die zu Angstzuständen und Stress beitragen können.
Ich empfehle Dir, vor dem Einsatz von Medikamenten, Kräutern fürs Pferd, ätherischen Ölen oder Mineral-Beruhigungsmitteln ein paar Fragen zur Fütterung, zur Bewegung, zum Stress Deines Pferdes, zum Training oder auch zum Zustand der Zähne zu stellen. Vielleicht liegt es aber auch an einem Wetterwechsel, am Beginn der Rosse oder am neuen Stallnachbarn. Diese Dinge können Einblick in die Ursache des auffälligen Verhaltens Deines Pferdes geben.
Wenn ich Pferdebesitzer berate, finden wir fast immer Faktoren, die wir verbessern können, um den Stress des Pferdes zu reduzieren. Sobald wir diese aus dem Weg geschafft haben, können wir uns der Kräuterfütterung widmen.
Natürlich gibt es Pferde, die leider selbst nach ausführlicher Analyse und Behandlung aus anderen Gründen noch körperliches und emotionales Stressverhalten zeigen.
Das kann auf schlechte Erfahrungen, erlernte Reaktionen, unangemessenes Training, Zucht oder aktuelle körperliche Beschwerden wie Magengeschwüre, hormonelle Störungen, Schmerzen oder nicht diagnostizierte Verletzungen zurückzuführen sein.
Eine Konsultation bei einer Kräuterfachperson o.ä. ersetzt deshalb auf keinen Fall den Tierarztbesuch.
Die Qualität der Kräuter: Augen auf beim Kräuterkauf
Qualitätskontrollen sind bei hausgemachten Heilmitteln oder Kräutermischungen nur schwer durchzuführen. Einige Hersteller haben sich jedoch der Qualitätskontrolle verschrieben und stellen sicher, dass ihre Präparate aus hochwertigsten Mitteln bestehen. Die Qualität und Wirksamkeit der Kräuter hängen nicht nur von der Herkunft, sondern auch von der Verarbeitung ab.
Fazit: Kräuter fürs Pferd
Altes Wissen hervorholen und der Natur vertrauen. Sie hat uns eine Kräuterfülle zur Verfügung gestellt, die das Pferd unterstützen, pflegen und beruhigen. Sie können unterstützend wirken, sodass sich der Körper heilen und stärken kann.
Eins sollten wir vor der Fütterung jedoch nicht vergessen: Die Philosophie der Kräutermedizin besteht darin, das Pferd sowohl geistig als auch physisch zu behandeln. Es geht nicht darum, nur die auftretenden Symptome zu unterdrücken.
Hast Du Fragen oder Kommentare? Gerne stehe ich Dir zur Verfügung.
Nicole
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