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Wie setzt Du Fohlen am besten von der Mutter ab?


Wir starten eine kleine Blogserie über Fohlen. Zuerst widmen wir uns dem Absetzen: Wie geschieht es in der Wildbahn und wie wirkt sich das Absetzen, wie es in vielen Ställen heute geschieht, auf das Fohlen und seine weitere Entwicklung aus?


fohlen absetzen

Absetzen ist ein schwieriges Thema. Was macht man, wenn man nicht recht weiss, wie man an ein schwieriges Tierthema herangehen soll? Man riskiert einen Blick in den natürlichen Lauf der Dinge.

Wie setzen Stuten ihre Fohlen in der Natur ab?

Interessant dazu fand ich den Bericht eines Wildpferde-Reservates in Kanada. Teile daraus schreibe ich hier übersetzt nieder, weil sich die Erfahrung der Kanadier mit meinen eigenen deckt. Die schildere ich weiter unten im Beitrag.

In der freien Wildbahn leben Pferde in festen Sozialstrukturen, die sich aus einem Hengst und Mutterstuten mit Nachwuchs zusammensetzen. Die starke Bindung zwischen Mutter und Fohlen wird von alleine kontinuierlich und über einen langen Zeitraum gelockert.

Zitat von der Seite: " At Ravenseyrie we do not, ourselves, wean the foals from their dams but allow this rite of passage to happen naturally, as determined by the family band's own dynamics.” Heisst, wir greifen hier im Reservat nicht in den natürlichen Prozess des Absetzens ein, sondern lassen es natürlich im Familienverband nach den Gesetzen der Natur geschehen.

Die Reservate-Leiter beobachten, wie die Familie das Fohlen von alleine abstösst. Manchmal ist es der Leithengst, der die Fohlen mit Drohgebärden und sehr aggressivem Verhalten verstösst. Die Fohlen versuchen zwar einige Male, zur Familie zurückzukehren, beugen sich nach einiger Zeit jedoch ihrem Schicksal.

Das Absetzen muss nicht auf aggressive Weise geschehen, geschieht jedoch immer abrupt. Der genaue Zeitpunkt ist von Fohlen zu Fohlen unterschiedlich, variiert jedoch um das Jährlingsalter, bevor die Mutter ein neues Fohlen zur Welt bringt. Interessant ist, dass es Ausnahmen gibt. Teilweise werden Jungpferde in der Herde akzeptiert, bis sie fast 2 Jahre alt sind! In diesen Fällen ist die Mutterstute nicht erneut tragend.

Natürliche Vertreibung

Was ist das Ziel dieser "natürlichen Vertreibung" und was geschieht danach? In der Wildbahn schliessen sich vertriebene Fohlen einer weiteren Herde im gleichen Territorium an, und vermeiden, dass sie ihrer eigenen Familie zu nahekommen. Das ist auch gut so, denn der Leithengst würde den Nachwuchs weiter drangsalieren, wenn er sich der Ursprungs-Herde zu oft nähert.

Im Bericht des kanadischen Wildpferde-Reservats erklärt die Autorin, dass sie eine Vermutung haben, warum das so ist: Die Attacken auf die männlichen Nachkommen geschehen nur während der Deckzeit, und werden vermutlich von Hormonen gesteuert. Der Leithengst will dem Nachwuchs imponieren und klarstellen, dass er kein Konkurrenzverhalten duldet.

Der Leithengst behandelt seine Töchter jedoch anders als die Männchen. Es ist interessant, dass der Hengst einzelne Stutfohlen von ihrer neuen Herde (in die sie sich mit ihren Geschwistern eingliedern) wegtreibt. Vermutlich ist es ein Versuch, Inzucht zu vermeiden.

Was vermutlich auch ein von Erfolg gekröntes Unterfangen ist, wenn das Territorium gross genug wäre. Aber selbst in einem Wildreservat in Kanada bietet das Weideland nicht genug Platz, um den natürlichen Abfohlvorgang zu imitieren. Das sorgt laut Aussage der Autoren für Spannungen unter den Pferden.

Wenn so ein natürliches Geschehnis in der Fast-Wildbahn zu Unruhen führt, wie wirkt sich das abrupte Absetzen in der Zuchtstätte aus?


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Absetzen als traumatisches Erlebnis

Im krassen Gegensatz dazu steht das Absetzen, wie es in vielen Zuchtstätten noch immer geschieht: Plötzlich und traumatisch. Üblicherweise sind die Fohlen zwischen vier und sieben Monate alt und müssen, neben der Trennung vom Muttertier, mit einer neuen Umgebung, neuen Nahrungsquellen und neuen Artgenossen fertig werden.

Klingt eigentlich logisch, dass dieses Procedere belastend für Fohlen ist, oder?

Das hat auch die Wissenschaft bewiesen, beispielsweise eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Besonders belastend ist die plötzliche Trennung von der Mutterstute. Etwas weniger traumatisch ist die Trennung, wenn die Fohlen graduell abgesetzt werden, oder wenn Begleitstuten einige Zeit bei ihnen bleiben können.

Die potentiellen Risiken durch das Absetzen:

  • Viele Fohlen sind schreckhaft, reagieren panisch, weil ihnen die Sicherheit der Mutter fehlt.

  • Das resultiert in höherem Verletzungsrisiko.

  • Das Immunsystem kann geschwächt und die Anfälligkeit für Infektionen erhöht werden.

  • Die Fohlen verlieren deutlich an Gewicht.

  • Das traumatische Absetzen kann (aufgrund von Stresshormonen) zu einer vorübergehenden Wachstumsdepression führen.

  • Ebenso besteht das Risiko der Entwicklung von Verhaltensstörungen.

Zuhause Abfohlen: Wie geschieht es natürlicher?

Gründe für frühes Absetzen sind oftmals verständlich: Das Füttern des Fohlens kann für die Mutterstute in der Zucht belastend sein und der Arbeitsaufwand ist für das Stallpersonal geringer, wenn die Fohlen getrennt von den Müttern untergebracht sind. Da jedoch auch die Wissenschaft beweist, dass Abfohlen für die Tiere traumatisch ist, bevorzugen immer mehr Zuchtbetriebe eine "natürlichere" Trennung von Mutter und Fohlen. Wie kann die Aussehen?

Meine eigene Erfahrung zeigt, dass das Absetzen im heimischen Stall ganz natürlich geschehen kann.

Ich kann das Absetzen kaum Bemerken: Mein Fohlen ist jetzt 1.5 Jahre alt, und läuft vielleicht noch 2-3-mal am Tag zur Mutter, um zu trinken. Das Euter der Mutter wird immer kleiner und ich vermute, dass es dem Fohlen mehr darum geht, den Mutterschutz zu suchen, als um effektive Nahrungsaufnahme.

Was ich interessant und wichtig finde ist, dass es Situationen gibt, in denen man eindeutig bemerkt, wie sehr das Fohlen die Mutter noch braucht: Kürzlich haben wir einen neuen Trail von 300 m um eine grosse Weide herum gebaut. Da konnte ich toll beobachten, wie die Mutter den Trail hoch lief und lange gewartet hat, bis und ob die Kleine kommt. Als das nicht geschah, weil sich das Fohlen nicht getraut hat, lief sie wieder zurück, um das Fohlen zu holen. Die Kleine hat der Mutter vertraut und ist ihr dann gefolgt. Spannend und aufschlussreich!

Meine Schlussfolgerung

Die Trennung von der Mutterstute ist in jedem Fall eine Belastung. Die Heftigkeit der Stressreaktion hängt jedoch von der Absetzmethode ab. Schonender sind graduelles Absetzen oder der Einsatz von Begleitpferden, die soziale Sicherheit bieten. Dadurch wird der Verlust des Fohlens zumindest etwas kompensiert.

Wenn man die Pferde nicht natürlich Abfohlen lassen kann, sollte man die Jungtiere während der Säugeperiode an Begleitpferde und menschlichen Umgang gewöhnen.

Und wie setzt Ihr Eure Fohlen ab? Ich freue mich auf Eure Erfahrungen und Kommentare.

In der nächsten Woche geht es dann um die richtige Pflege von Fohlen.

Nicole

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